Mit Hilfe einer CTD-Rosette können Temperatur, Leitfähigkeit und Druck von Wasserproben erfasst werden. Daraus können zum Beispiel Dichte oder Salzgehalt des Wasser an der beprobten Stelle errechnet werden. Foto: Martin Hieronymi/ºÚÁÏÊÓÆµ

Wasserproben werden mit der CTD-Rosette entnommen. Foto: Rafael Abel/ºÚÁÏÊÓÆµ

Die Ozeanzirkulation der Vergangenheit überdenken, um zukünftige Klimamodelle zu verfeinern

Eine internationale Studie unter der Leitung der Universität Lausanne zeigt, dass die Strömungen in der Tiefsee während des letzten glazialen Maximums vor etwa 20.000 Jahren dynamisch und relativ stabil blieben. Diese Entdeckung steht im Widerspruch zu etablierten Modellen, die eine Abschwächung der Strömungen beschrieben. Sie dürfte es ermöglichen, vergangene Simulationen zu korrigieren und zukünftige Klimasimulationen zu verbessern.

Die Ozeane unseres Planeten spielen eine zentrale Rolle bei der Regulierung (oder Deregulierung) des Klimas. Die Abschwächung wichtiger Meeresströmungen wie des Golfstroms könnte die Lebensbedingungen auf bewohntem Land drastisch verändern und die Temperaturen möglicherweise um Dutzende von Grad ansteigen oder sinken lassen. Die Dynamik der Wassermassen in den Ozeanen zu verstehen und zu modellieren ist daher entscheidend, um sich auf diese Veränderungen vorzubereiten.

An der Universität Lausanne (UNIL) hat ein Team von Wissenschaftlern die letzte terrestrische Eiszeit - die vor etwa 20.000 Jahren ihren Höhepunkt erreichte - untersucht und die Tiefsee-Strömungen des Planeten modelliert. Ihre Ergebnisse wurden in Nature Geoscience veröffentlicht.

Sie zeigen, dass die Dynamik der Tiefseeströmungen während dieser Zeit trotz der Erwärmung der Atmosphäre relativ stabil blieb, anders als bisher angenommen. Diese Entdeckung stellt frühere Hypothesen in Frage, wonach sich die Ozeanzirkulation zu diesem Zeitpunkt der Geschichte deutlich abgeschwächt hatte. 

Tiefe Strömungen wären daher widerstandsfähiger gegen Klimastörungen als bisher angenommen. „Wir müssen jedoch aufpassen, dass wir keine Vergleiche mit der heutigen Situation ziehen. Die Erwärmung, die wir heute erleben, ist tatsächlich viel schneller und die Eismassen sind viel kleiner als damals“, erklärt Patrick Blaser, Erstautor des Artikels und Forscher an der Fakultät für Geowissenschaften und Umwelt der Universität Lausanne. „Diese Studie zeigt jedoch, dass wir weder die eiszeitliche Ozeanzirkulation noch das eiszeitliche Klimasystem vollständig verstehen und dass die für solche Paläo-Rekonstruktionen verwendeten Erdsystemmodelle erhebliche Mängel aufweisen“.

Der Forscher plädiert dafür, auf der Grundlage dieses Durchbruchs neue Forschungsarbeiten in Angriff zu nehmen, um die Klimamechanismen der Vergangenheit besser zu verstehen und künftige Klimaprojektionen zu korrigieren. „Diese Arbeit ist unerlässlich, wenn wir vergangene, gegenwärtige und zukünftige Naturphänomene richtig einschätzen und die vor uns liegenden Herausforderungen bewältigen wollen.“

Um die Meeresströmungen vor 20.000 Jahren zu rekonstruieren, kombinierten die Forscher fünf verschiedene Indikatoren aus Meeressedimenten, darunter Isotopenverhältnisse von Neodym, Sauerstoff und Kohlenstoff sowie Radiokohlenstoff und die chemische Zusammensetzung in den Schalen von Mikroorganismen. Ihr Ansatz ist vergleichbar mit der Gegenüberstellung mehrerer Zeugenaussagen zur Beobachtung derselben Szene. Diese Multi-Proxy-Analyse ermöglicht es, den Ursprung der Wassermassen und ihre Zirkulation mit größerer Sicherheit und detaillierter als bisher zu rekonstruieren (auch wenn die Geschwindigkeit, mit der sie sich bewegten, schwieriger einzuschätzen ist). Dies veranlasste die Autoren, die Annahme in Frage zu stellen, dass die Ozeanzirkulation im Nordatlantik während der letzten Eiszeit abrupt zum Stillstand kam.

Publikation:

P. Blaser, C. Waelbroeck, D. J. R. Thornalley, J. Lippold, F. Pöppelmeier, S. Kaboth-Bahr, J. Repschläger & S. L. Jaccard (2025): Prevalent North Atlantic Deep Water during the Last Glacial Maximum and Heinrich Stadial 1, Nature Geoscience

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CTD-Rosette

Mit Hilfe einer CTD-Rosette können Temperatur, Leitfähigkeit und Druck von Wasserproben erfasst werden. Daraus können zum Beispiel Dichte oder Salzgehalt des Wasser an der beprobten Stelle errechnet werden. Foto: Martin Hieronymi/ºÚÁÏÊÓÆµ

CTD Messung

Wasserproben werden mit der CTD-Rosette entnommen. Foto: Rafael Abel/ºÚÁÏÊÓÆµ