Grüner Wasserstoff aus dem Meer
Neues Forschungsprojekt zu Wasserstoffproduktion an Offshore-Windparks
Offshore-Windanlagen produzieren oft mehr Strom als über die Leitungen an Land transportiert werden kann. Kann der Strom nicht abgenommen werden, stehen sie still. Effizienter wäre es, den Strom direkt in das speicherbare Medium Wasserstoff umzuwandeln. Wasserstoff aus Meerwasser zu gewinnen, direkt dort, wo der Wind weht – diese Idee steht im Fokus des Projekts SalYsAse (Salzwasserelektrolyse mittels mariner Bakterien auf Titangasdiffusionsschichten). Das Prinzip: Mittels Elektrolyse soll Strom in so genannten grünen Wasserstoff umgewandelt werden. Bei der Elektrolyse wird Wasser durch elektrischen Strom in seine Bestandteile, also Wasserstoff und Sauerstoff, getrennt. Grüner Wasserstoff ist CO2-neutral und kann einfach gespeichert und transportiert werden. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt über drei Jahre mit 733.000 Euro gefördert.
„Ziel des Projekts ist es, Wasserstoff mittels Salzwasserelektrolyse umweltschonend und kostengünstig herzustellen – aber mit optimiertem Wirkungsgrad und geringerem Einsatz von chemischen Katalysatoren“, sagt Dr. Mirjam Perner. Sie ist Professorin für Geomikrobiologie am ºÚÁÏÊÓÆµ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und leitet das Projekt gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Jana Schloesser, Professorin für Werkstofftechnik an der Fachhochschule Kiel, und Florian Gerdts, leitender Prozessingenieur beim Kieler Technologieunternehmen Element22.
Herausforderungen der Elektrolyse mit Salzwasser
Bislang benötigt die Elektrolyse gereinigtes Süßwasser, da es weder Salze noch Mineralien enthält und deshalb die Elektrolyseanlage vor Korrosion schützt. Allerdings sind nur 2,5 Prozent der weltweiten Wasserreserven Süßwasser. Zudem verursachen die Entsalzung und Reinigung von Salzwasser zusätzliche Kosten, die durch die direkte Nutzung des Meerwassers vermieden werden könnten. Die Wissenschaftler:innen wollen im Rahmen des Projekts SalYsAse Salzwasser direkt aus dem Meer nutzen. Damit stehen sie vor einigen Herausforderungen: Durch das enthaltene Salz kann bei der Elektrolyse von Meerwasser giftiges Chlorgas entstehen. „Auch eine schnellere Korrosion der Elektroden oder unerwünschte Nebenreaktionen können auftreten. Dies wollen wir durch geeignete Werkstoffe in Kombination mit den Mikroorganismen verhindern“, sagt Werkstoffexpertin Jana Schloesser.
Effiziente Katalysatoren und Membranen
Um das Meerwasser nutzen zu können, wollen die Forschenden neben herkömmlichen Katalysatorschichten auch marine Mikroben, also Bakterien, verwenden. Die Mikroben stammen aus der Ost- und Nordsee, da sie am besten an die Bedingungen des Salzwassers angepasst sind. Mirjam Perner erklärt: „Oftmals wird das chemische Element Iridium als Katalysator genutzt, da es sehr beständig gegenüber Korrosion ist. Allerdings ist es selten und daher nur begrenzt verfügbar. Deshalb wollen wir Biokatalysatoren in Form von Mikroben nutzen.“ Die Mikroben sollen dabei helfen, die Herausforderungen, die durch die Nutzung des Salzwassers entstehen, zu verringern oder sogar zu umgehen.
Das Projektteam setzt zusätzlich geeignete Materialien für die Membran, die Wasserstoff und Sauerstoff während der Elektrolyse voneinander trennt, und die poröse Transportschicht ein. „Die Besonderheit in SalYsAse liegt darin, dass die poröse Transportschicht nicht nur den Strom und die Reaktionsmedien leitet. Wir gestalten sie so, dass diese Schicht auch als Träger für die Mikroben fungiert. Damit findet die biologische Katalyse direkt in der Elektrolysezelle statt – ein spannender Ansatz, der die Materialwissenschaften und die Life Sciences zusammenbringt“, so Florian Gerdts. Dafür wollen die Projektbeteiligten poröse Titanstrukturen nutzen, da Titan besonders widerstandsfähig gegenüber Korrosion ist, was für den Einsatz im Meerwasser essenziell ist.
Wasserstoffproduktion direkt dort, wo der Wind weht
Der gesamte Prozess soll zukünftig dort stattfinden, wo auch schon der Strom entsteht: an Offshore-Windanlagen. Damit vermeiden die Wissenschaftler:innen, dass der Strom erst noch ans Festland transportiert werden muss. Dieser Weg ist teuer, Energie geht verloren. Stattdessen wird vor Ort sauberer, klimaneutraler Wasserstoff erzeugt. Dieser kann effizient weitertransportiert werden, und zum Beispiel in energieintensiven Industrien wie der Stahl- und Chemieproduktion eingesetzt werden.
Hintergrund: Wasserstoff als Energieträger der Zukunft
Um fossile Brennstoffe zu ersetzen, werden in Zukunft mehr erneuerbare Energien genutzt und nachhaltige Energieträger benötigt. Wasserstoff spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, da er gut gespeichert und transportiert werden kann. Wasserstoff als Energieträger ermöglicht so die Kopplung verschiedener Sektoren – von der Industrie, über Mobilität bis hin zur Energieversorgung. Besonders effizient und ressourcenschonend ist grüner Wasserstoff. Als grün gilt Wasserstoff, wenn er durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien wie Sonnen- oder Windenergie erzeugt wird. Bei diesem Prozess entstehen keine Treibhausgase. Wasserstoff, der durch Meerwasserelektrolyse an windreichen Standorten entsteht, kann beispielsweise in der Industrie oder im Schwerlastverkehr eingesetzt werden.
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Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) fördert das Projekt mit insgesamt 733.000 Euro über einen Zeitraum von drei Jahren.
Partner
Projektpartner sind die Fachhochschule Kiel in Koordination der Forschungs- und Entwicklungszentrum Fachhochschule Kiel GmbH und das Technologieunternehmen Element22 GmbH aus Kiel, das für dieses Projekt die Titanbauteile herstellt. SalYsAse ist angebunden an CAPTN Energy, ein schleswig-holsteinisches Innovationsbündnis, das erneuerbare Energien für maritime Anwendungen nutzt.

Die Salzwasserelektrolyse zur Produktion von grünem Wasserstoff mithilfe mariner Mikroben soll zukünftig genau dort stattfinden, wo auch der Strom entsteht: an Offshore-Windanlagen.
Foto: Carolin Skottke

Florian Gerdts vom Kieler Technologieunternehmen Element22 zeigt, wie die porösen Titanstrukturen hergestellt werden. Diese leiten den Strom und die Reaktionsmedien und fungieren zugleich als Träger für die Mikroben.
Foto: Louisa Trippe, ºÚÁÏÊÓÆµ

Das Projektteam des SalYsAse-Projekts (von links nach rechts): Matthias Ernst (Element22) Dr. Mark Schmidt (ºÚÁÏÊÓÆµ), Dr. Nannan Zhao (ºÚÁÏÊÓÆµ), Prof. Dr. Mirjam Perner (ºÚÁÏÊÓÆµ), Joanne Perkins (FH Kiel), Prof. Dr.-Ing. Jana Schloesser (FH Kiel), Florian Gerdts (Element22).
Foto: Louisa Trippe, ºÚÁÏÊÓÆµ

Für die Salzwasserelektrolyse sollen Mikroben aus der Ost- und Nordsee verwendet werden, da sie am besten an die Bedingungen des Salzwassers angepasst sind. Die Mikroben sollen als Biokatalysatoren zum Einsatz kommen und die Produktion von Wasserstoff effizient, nachhaltig und kostengüsntig gestalten.
Foto: Mirjam Perner, ºÚÁÏÊÓÆµ

Eine Poröse Transportschicht aus Titan: Aufnahme mit dem Rasterelektronenmikroskop (Maßstabsbalken: 20 µm).
Foto: Element22 GmbH