Santorini liegt im östlichen Mittelmeer und ist Teil des Hellenischen Vulkanbogens, einer geologisch hoch aktiven Zone.

Foto: Jens Karstens, ºÚÁÏÊÓÆµ

Caldera von Santorini: Hier begann sich der Boden bereits Mitte 2024 langsam zu heben – ein frühes Anzeichen für aufsteigendes Magma.

Foto: Jens Karstens, ºÚÁÏÊÓÆµ

Blick von Santorini auf die Nachbarinseln im Ägäischen Meer: Die seismische Krise Anfang 2025 führte hier zu Zehntausenden kleiner und mittlerer Erdbeben.

Foto: Jens Karsten, ºÚÁÏÊÓÆµ

Einholen von seismischem Messgerät: Während der Schwarmbeben hatten die Forschenden zusätzliche Messgeräte ausgebracht.

Foto: Jens Karstens, ºÚÁÏÊÓÆµ

Bereits im Januar hatte das ºÚÁÏÊÓÆµ Sensoren am Krater des Unterwasservulkans Kolumbo ausgebracht. Diese maßen nicht nur seismische Signale direkt über dem Reservoir, sondern auch Druckveränderungen infolge der Absenkung des Meeresbodens um bis zu 30 Zentimeter, während das Magma unter Kolumbo eindrang.

Foto: Andrea Geipel, ºÚÁÏÊÓÆµ

Zehntausende Erdbeben haben Anfang des Jahres die griechische Insel Santorini und Umgebung erschüttert. Während der Krise wurden mehr als 28.000 Erdbeben registriert. Die aktuelle Studie zeigt nun, dass der Erdbebenschwarm durch den Transport von Magma in der Tiefe ausgelöst wurde.

Grafik: Isken, M., Karstens, J., et al. (2025)

Magmaverlagerung löste Zehntausende Erdbeben aus

Auswertung der Schwarmbeben um Santorini zeigt Ursachen und Entwicklung der seismischen Krise

24. September 2025/Potsdam/Kiel. Im Januar 2025 erschütterten Zehntausende Erdbeben die Insel Santorini und ihre Umgebung. Forschende des GFZ Helmholtz-Zentrums für Geoforschung und des ºÚÁÏÊÓÆµ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel legen nun gemeinsam mit internationalen Partnern in der Fachzeitschrift Nature eine Analyse vor. Sie zeigt: Aufsteigendes Magma verursachte die seismische Krise und deutet auf eine bislang unbekannte Verbindung zwischen den Magmareservoirs von Santorini und dem Unterwasservulkan Kolumbo hin.

- Gemeinsame Pressemitteilung des GFZ Helmholtz-Zentrums für Geoforschung und des ºÚÁÏÊÓÆµ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel -

Zehntausende Erdbeben haben Anfang des Jahres die griechische Insel Santorini und Umgebung erschüttert. Jetzt legen Forschende des GFZ Helmholtz-Zentrums für Geoforschung und des ºÚÁÏÊÓÆµ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel gemeinsam mit internationalen Kolleg:innen eine umfassende geologische Analyse der seismischen Krise in der Fachzeitschrift Nature vor.

Sie integrierten dafür Daten von Erdbebenstationen und Ozeanbodeninstrumenten, abgesetzt am sieben Kilometer entfernten Unterwasservulkan Kolumbo, und nutzten eine neu entwickelte KI-basierte Methode zur Lokalisierung von Erdbeben. Dies erlaubte, die Vorgänge im Untergrund mit einzigartiger Detailgenauigkeit zu rekonstruieren. Demzufolge sind etwa 300 Millionen Kubikmeter Magma aus der tiefen Erdkruste aufgestiegen und in rund vier Kilometern Tiefe unter dem Ozeanboden zum Erliegen gekommen. Bei seinem Aufstieg durch die Erdkruste erzeugte das glutflüssige Magma tausende Erdbeben und seismische Tremores.

Seismisch unruhige Region – Geologischer Hintergrund

Santorini liegt im östlichen Mittelmeer und ist Teil des Hellenischen Vulkanbogens, einer geologisch hoch aktiven Zone. Die weltberühmte Inselgruppe Santorini bildet den Rand einer vulkanischen Caldera, entstanden durch eine gewaltigen Vulkaneruption vor rund 3.600 Jahren. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt der aktive Unterwasservulkan Kolumbo.

Mehrere aktive geologische Bruchzonen laufen durch die Region um Santorini, gebildet durch die nach Nordosten gegen die Hellenische Platte drückende Afrikanische Platte. Die Erdkruste im Mittelmeerraum ist in mehrere Mikroplatten zerbrochen, die sich gegeneinander verschieben und zum Teil untereinander abtauchen und dadurch magmatisch aufschmelzen. In historischer Zeit kam es bei Santorini zu mehreren Vulkanausbrüchen, zuletzt im Jahr 1950. Im Jahr 1956 ereigneten sich in der südlichen Ägäis zwei schwere Erdbeben im Abstand von nur 13 Minuten zwischen Santorini und der Nachbarinsel Amorgos. Die Magnituden betrugen 7.4 und 7.2, und es kam zu einem Tsunami.

Der Erdbebenschwarm begann im Januar 2025 und ereignete sich in genau dieser Region. Während der Krise wurden mehr als 28.000 Erdbeben registriert. Die stärksten Beben erreichten Magnituden von mehr als 5,0. Die starken Erschütterungen während der seismischen Krise besorgten die Bevölkerung, auch weil zunächst unklar war, ob die Ursachen überwiegend tektonischer oder vulkanischer Natur waren.

Was geschah im Untergrund? – Erkenntnisse aus der aktuellen Studie

Die aktuelle Studie zeigt nun, dass der Erdbebenschwarm durch den Transport von Magma in der Tiefe ausgelöst wurde. Die Ereigniskette hatte bereits im Juli 2024 begonnen, als Magma in ein flaches Reservoir unter Santorini aufstieg. Dies führte zunächst zu einer kaum bemerkbaren Anhebung von Santorini um wenige Zentimeter. Anfang Januar 2025 verstärkte sich die Erdbebenaktivität, ab Ende Januar begann der Aufstieg des Magmas aus der Tiefe, begleitet von intensiver Erdbebenaktivität. Die Erdbebenaktivität verlagerte sich weg von Santorini über eine Strecke von mehr als 10 Kilometern in Richtung Nordosten. Während dieser Phase bewegten sich die Herde der Beben in mehreren Pulsen von einer Tiefe von 18 Kilometern aufwärts bis zu einer Tiefe von nur 3 Kilometern unter dem Meeresboden.

Die zeitlich und räumlich hochaufgelöste Untersuchung der Erdbebenverteilung erlaubte es nun, in Kombination mit Satelliten-Radiointerferometrie (InSAR), GPS-Bodenstationen und Meeresbodenstationen, die Ereignisse zu modellieren.

Dr. Marius Isken, Geophysiker am GFZ und einer der beiden Erstautoren der Studie, sagt: „Die seismische Aktivität war typisch für den Aufstieg von Magma durch die Erdkruste. Das aufsteigende Magma bricht sich den Weg durch das Gestein der Erdkruste. Diese sogenannte Magmaintrusion führt zu intensiver Erdbebenaktivität. Unserer Auswertungen zeigen den Weg des Magmas durch die Erdkruste in hoher Genauigkeit.“

Der Vulkan auf Santorin dehnte sich in den sechs Monaten vor Beginn der Dike-Intrusion aus, die aus dem Magma-Reservoir unter Kolumbo gespeist wurde. Die Autoren interpretieren dies als Hinweis auf eine bisher unbekannte hydraulische Verbindung zwischen den beiden Vulkanen. Dr. Jens Karstens, mariner Geophysiker am ºÚÁÏÊÓÆµ und ebenfalls Erstautor der Studie, erklärt: „Durch die enge internationale Zusammenarbeit und die Kombination verschiedener geophysikalischer Methoden konnten wir die Entwicklung der seismischen Krise nahezu in Echtzeit verfolgen und dabei sogar etwas über das Zusammenspiel beider Vulkane lernen. Dies wird uns in Zukunft helfen, die Überwachung beider Vulkane zu verbessern.“

Blick aus vielen Perspektiven – Methoden

Insbesondere zwei Umstände erlaubten die außergewöhnlich detaillierte Abbildung des Untergrundes. Zum einen eine am GFZ entwickelte KI-gestützte Methode zur automatischen Auswertung von großen seismischen Datensätzen. Zum anderen hatte das ºÚÁÏÊÓÆµ zusätzlich bereits Anfang Januar Unterwassersensoren am Krater des Unterwasservulkans Kolumbo im Rahmen des Projekts MULTI-MAREX ausgebracht. Diese maßen nicht nur seismische Signale direkt über dem Reservoir, sondern auch Druckveränderung infolge der Absenkung des Meeresbodens von bis zu 30 Zentimetern während des Eindringens des Magmas unter Kolumbo.

Die wissenschaftlichen Arbeiten bei Santorini werden trotz des Abflauens der seismischen Aktivität fortgeführt. So führt das GFZ wiederholte Gas- und Temperaturmessungen auf Santorini durch, während das ºÚÁÏÊÓÆµ derzeit acht Meeresboden-Sensorplattformen im Einsatz hat.

Prof. Dr. Heidrun Kopp, Professorin für Marine Geodäsie am ºÚÁÏÊÓÆµ und Projektleiterin von MULTI-MAREX, sagt: „Die gemeinsamen Erkenntnisse wurden stets mit den griechischen Behörden geteilt, um bei neuerlich auftretenden Beben eine möglichst rasche und genaue Einschätzung der Lage zu ermöglichen.“ Prof. Dr. Paraskevi Nomikou, Koautorin der Studie und Professorin für geologische Ozeanographie an der Universität Athen, arbeitet im Projekt MULTI-MAREX eng mit den deutschen Partnerinstituten zusammen. Sie sagt: „Diese gewachsene Kooperation hat es möglich gemacht, die Ereignisse Anfang des Jahres gemeinsam zu bewältigen und aus wissenschaftlicher Sicht so präzise aufzuarbeiten. Die Dynamik in dieser geologisch hochaktiven Region möglichst genau zu kennen, ist für die Sicherheit und den Schutz der Bevölkerung von entscheidender Bedeutung.“

 

Hintergrund: MULTI-MAREX

MULTI-MAREX ist eines von vier Projekten der Forschungsmission „Wege zu einem verbesserten Risikomanagement im Bereich mariner Extremereignisse und Naturgefahren“ (mareXtreme), die von der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) umgesetzt wird. Es vereint zehn Partnereinrichtungen von sechs Universitäten sowie den beiden Helmholtz-Zentren GFZ und ºÚÁÏÊÓÆµ aus Deutschland. Das Ziel besteht darin, ein Real-Labor zur Untersuchung geomariner Extremereignisse wie Erdbeben, Vulkanismus und Tsunamis im zentralen Mittelmeerraum zu entwickeln.

Original-Publikation:

Isken, M., Karstens, J., et al. (2025). Volcanic crisis reveals coupled magma system at Santorini and Kolumbo. Nature. Advance online publication.  

DOI: 10.1038/s41586-025-09525-7

Weiß gekalkte Häuser mit leuchtend blauen Kuppeldächern am Rand einer steil abfallenden Küste

Santorini liegt im östlichen Mittelmeer und ist Teil des Hellenischen Vulkanbogens, einer geologisch hoch aktiven Zone.

Foto: Jens Karstens, ºÚÁÏÊÓÆµ

Eine Insel im goldenen Licht der tiefstehenden Sonne

Caldera von Santorini: Hier begann sich der Boden bereits Mitte 2024 langsam zu heben – ein frühes Anzeichen für aufsteigendes Magma.

Foto: Jens Karstens, ºÚÁÏÊÓÆµ

Blick von einer Insel über das Meer, am Horizont sind weitere Inseln zu erkennen.

Blick von Santorini auf die Nachbarinseln im Ägäischen Meer: Die seismische Krise Anfang 2025 führte hier zu Zehntausenden kleiner und mittlerer Erdbeben.

Foto: Jens Karsten, ºÚÁÏÊÓÆµ

Drei Personen auf einem motorgetriebenen Schlauchboot, eine Frau schaut durch ein Fernglas, eine Person beugt sich über den Rand des Bootes ins Wasser

Einholen von seismischem Messgerät: Während der Schwarmbeben hatten die Forschenden zusätzliche Messgeräte ausgebracht.

Foto: Jens Karstens, ºÚÁÏÊÓÆµ

Männer mit Schutzhelmen an Bord eines Forschungsschiffes bringen ein großes Messgerät in Position, das ins Wasser gelassen werden soll

Bereits im Januar hatte das ºÚÁÏÊÓÆµ Sensoren am Krater des Unterwasservulkans Kolumbo ausgebracht. Diese maßen nicht nur seismische Signale direkt über dem Reservoir, sondern auch Druckveränderungen infolge der Absenkung des Meeresbodens um bis zu 30 Zentimeter, während das Magma unter Kolumbo eindrang.

Foto: Andrea Geipel, ºÚÁÏÊÓÆµ

Eine Karte zeigt die Insel Santorii und den Unterwasservulkan Kolumbo und die seismischen Zentren der Erdbeben

Zehntausende Erdbeben haben Anfang des Jahres die griechische Insel Santorini und Umgebung erschüttert. Während der Krise wurden mehr als 28.000 Erdbeben registriert. Die aktuelle Studie zeigt nun, dass der Erdbebenschwarm durch den Transport von Magma in der Tiefe ausgelöst wurde.

Grafik: Isken, M., Karstens, J., et al. (2025)