Mikroplastik im Meer: Ein Ziel des neuen Forschungsprojekts ist es, Enzyme zu finden, die Kunststoffe abbauen können. 

Foto: Ulrike Panknin, ºÚÁÏÊÓÆµ

Mit Künstlicher Intelligenz neue marine Enzyme aufspüren

Start des interdisziplinären Projekts AI MareExplore

25.06.2025/Jülich/Kiel. Wie lassen sich bislang unentdeckte Enzyme aus dem Ozean finden, die Plastik abbauen oder Kohlendioxid binden können? Das neue Forschungsprojekt AI MareExplore, koordiniert am ºÚÁÏÊÓÆµ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, setzt auf Künstliche Intelligenz (KI), um gezielt nach solchen marinen Biokatalysatoren zu suchen. Riesige bereits vorhandene marine Genomdatenbanken sollen genutzt werden, um KI-Modelle zu trainieren und Enzyme zu identifizieren, die bei der Lösung drängender gesellschaftlicher Probleme helfen können. Das Projekt wird aus dem Helmholtz-Innovationspool für den Forschungsbereich Erde und Umwelt finanziert und bringt die Expertise von vier Helmholtz-Zentren zusammen. Am 26. und 27. Juni treffen sich die Beteiligten zum Projekt-Kick-Off in Jülich.

Der Ozean birgt einen gigantischen Schatz an noch unentdeckten Enzymen, die möglicherweise nachhaltige Lösungen für drängende menschengemachte Umweltprobleme bereithalten könnten. Wie kann dieser Schatz gehoben werden? Das Projekt AI MareExplore, koordiniert am ºÚÁÏÊÓÆµ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, setzt auf Künstliche Intelligenz (KI), um genau diese wertvollen Biokatalysatoren aufzuspüren. Dabei greifen die Forschenden auf bereits bestehende, frei zugängliche marine Genomdatenbanken zurück, um anhand dieser Daten KI-Modelle zu trainieren. Das Ziel: Enzyme zu finden, die Kunststoffe abbauen oder Kohlendioxid aus der Atmosphäre fixieren können.

Ein neuer Blick auf die „dunkle Materie“ des Lebens

Bisher basierte die Entdeckung neuer Enzyme meist auf einer direkten Analyse von Umweltproben. Mikroorganismen wurden isoliert und auf ihre biochemischen Fähigkeiten getestet – eine Methode, die zwar bewährt ist (1928 wurde so das Penicillin entdeckt), aber auch sehr enge Grenzen hat. „Wir können viele Organismen einfach nicht im Labor kultivieren und damit auch ihre Enzyme nicht untersuchen“, sagt Dr. Erik Borchert, Meeresmikrobiologe am ºÚÁÏÊÓÆµ und Koordinator von AI MareExplore. Seit Ende der 1990er-Jahre ermöglicht die Methode der Metagenomik zumindest einen umfassenden Blick auf die Gesamt-DNA einer Umweltprobe. Doch auch diese Methode ist limitiert: Nur rund 30 bis 40 Prozent der gefundenen Sequenzen lassen sich bestehenden Funktionen zuordnen. „Wir wissen, dass da draußen noch viel mehr ist – eine Art funktionelle ‚dunkle Materie‘, die sich unserer Analyse entzieht“, so Borchert.

Hier setzt die KI an. Durch Mustererkennung in riesigen Datenmengen kann sie auch unbekannte Sequenzen identifizieren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit biokatalytische Funktionen besitzen. Borchert: „KI hilft uns, diese verborgenen Schätze zu heben, weil sie gut im Mustererkennen ist. Gut trainiert, könnte sie Verbindungen zwischen DNA-Sequenzen und enzymatischen Eigenschaften herstellen, die für uns unsichtbar sind."

Interdisziplinäre Forschung für nachhaltige Lösungen

AI MareExplore bringt vier Helmholtz-Zentren und mehrere wissenschaftliche Disziplinen zusammen: Neben dem ºÚÁÏÊÓÆµ sind das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), das Forschungszentrum Jülich (FZJ) und das GFZ Helmholtz Zentrum für Geoforschung (GFZ) beteiligt. Gemeinsam arbeiten sie daran, ein leistungsfähiges KI-Modell zu entwickeln, das gezielt nach zwei Schwerpunkten sucht: Enzyme, die Plastik effizient abbauen können, und solche, die COâ‚‚ in Zucker umwandeln, um zur Kohlenstofffixierung beizutragen.

Die KI wird mit umfangreichen marinen Metagenom-Daten trainiert, die in den letzten Jahren gesammelt wurden. Je größer die Datenbasis, desto präziser kann das Modell arbeiten. Später testen die Forschenden im Labor, ob die gefundenen Enzyme tatsächlich die gewünschten Eigenschaften aufweisen. „Am Ende wollen wir nicht nur eine neue Analyse-Methode entwickeln, sondern auch konkrete Biokatalysatoren identifizieren, die zur Bewältigung globaler Umweltprobleme beitragen“, sagt Borchert.

 

Hintergrund: Innovationspool-Projekte

Das Projekt wird durch den so genannten Innovationspool der Helmholtz-Gemeinschaft gefördert. Der Innovationspool für den Forschungsbereich Erde und Umwelt dient dazu, die Zusammenarbeit zwischen den Zentren zu stärken, neue innovative Ideen in Drei-Jahres-Projekten zu fördern, Initiativen von Nachwuchswissenschaftlern zu unterstützen und in Forschungskampagnen flexibel auf neue, gesellschaftlich relevante Themen zu reagieren.

In einem Glas schwimmen viele kleine Plastikteilchen

Mikroplastik im Meer: Ein Ziel des neuen Forschungsprojekts ist es, Enzyme zu finden, die Kunststoffe abbauen können. 

Foto: Ulrike Panknin, ºÚÁÏÊÓÆµ