Deutsch-afrikanische Kooperation zum Schutz des marinen Ökosystems
ºÚÁÏÊÓÆµ und Partnerinstitutionen aus Westafrika arbeiten und forschen seit mehr als 20 Jahren gemeinsam an einem wissenschaftlichen Hotspot
Der Atlantische Ozean vor Westafrika spielt eine wichtige Rolle bei der globalen Klimaregulierung und der sozio-ökonomischen Stabilität vieler Anrainerstaaten. Das hochproduktive Auftriebsgebiet vor dem Senegal und Mauretanien mit Einflüssen bis zum Inselstaat Cabo Verde ernährt eine artenreiche marine Nahrungskette und sichert die Lebensgrundlage großer Teile der lokalen Bevölkerung durch Fischerei und Tourismus. Allerdings ist diese Region zunehmenden von Menschen verursachten Belastungen wie Ozeanerwärmung, Küstenerosion und Sauerstoffmangel ausgesetzt.
Fehlende Forschungsinfrastruktur und Ausbildungsmöglichkeiten erschweren es, den Problemen angemessen zu begegnen und fundierte, eigene Entscheidungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Meeresökosysteme zu treffen. Im Jahr 2004 wurden daher in einem internationalen wissenschaftlichen Austausch Kapazitätslücken und Forschungsprioritäten erörtert und im Jahr 2006 erste land- und seegestützte Infrastrukturen aufgebaut, um ozeanographische Forschung vor Ort durchzuführen. So wurde zum Beispiel die erste Ozean-Zeitserienstation Cabo Verdes etabliert, das Cape Verde Ocean Observatory (CVOO), welches wichtige Daten über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Ozean in der Region liefert.
Ocean Science Centre Mindelo als weltweite Begegnungs- und Forschungsstätte
Die Zusammenarbeit führte dann im Jahr 2017 zu der Eröffnung des Ocean Science Centre Mindelo (OSCM), welches als Anlaufstelle nicht nur für nationale und internationale Forschende dient, sondern auch den Austausch von Wissen zwischen Gesellschaft, Politik und Wissenschaft fördert. „Das Zentrum wird vor Ort von Wissenschaftler:innen und Techniker:innen aus Cabo Verde betrieben, die seit Beginn zur bilateralen Partnerschaft beigetragen und von ihr profitiert haben“, sagt Cordula Zenk vom ºÚÁÏÊÓÆµ, Koordinatorin der deutsch-kapverdischen Kooperation, die zusammen mit den kapverdischen Kollegen:innen den Aufbau des OSCM steuerte. Das Management wird zu gleichen Teilen vom kapverdischen Partnerinstitut Instituto do Mar (IMar) und vom ºÚÁÏÊÓÆµ getragen, wodurch die Verschmelzung regionaler und internationaler Perspektiven sowie der Ausbau des Netzwerks gewährleistet werden.
Ivanice Monteiro, die im Rahmen der Partnerschaft als Studentin begann und heute die OSCM-Laboratorien leitet hebt die transformative Wirkung hervor: "Diese Partnerschaft hat mir und vielen meiner Kolleg:innen die Möglichkeit gegeben, unser Wissen und unsere Fähigkeiten in der Meeresforschung hier in Cabo Verde aufzubauen und anzuwenden. Es ist unglaublich erfüllend, zu sehen, wie wir gemeinsam mit unseren deutschen Partnern das OSCM betreiben und damit eigenständig einen echten Beitrag für unser Land und die gesamte Region leisten."
Internationaler Masterstudiengang für Klimawandel und Meereswissenschaften
Der wissenschaftliche Artikel in Oceanography beleuchtet auch die akademische Ausbildung sowie den Aufbau eines Netzwerks von westafrikanischen Nachwuchswissenschaftler:innen, welche das ºÚÁÏÊÓÆµ maßgeblich mit entwickelt. Eine wichtige Errungenschaft im Jahr 2019 dazu war die Etablierung eines internationalen Masterstudiengangs für Klimawandel und Meereswissenschaften, welcher an der Universidade Técnica do Atlântico (UTA) in Mindelo angesiedelt ist. Dieser ist Teil des WASCAL-Programmes (West African Science Service Centre on Climate Change and Adapted Land-Use), das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) finanziert wird, und mittlerweile als offizielles Projekt der Ozeandekade durchgeführt wird. Studierende aus insgesamt 12 westafrikanischen Ländern nehmen daran teil und absolvieren neben ihrem Studium in Mindelo auch einen Forschungsaufenthalt in Deutschland sowie eine schiffspraktische Ausbildung, die „WASCAL Floating University.“
„Das Netzwerk umfasst mittlerweile mehr als 50 Nachwuchsforschende und wächst stetig. Einige der Alumni bleiben in der Forschung im Rahmen einer Doktorarbeit, andere sind in ihren Heimatländern bereits in öffentlichen oder privaten Institutionen tätig“, sagt Dr. Björn Fiedler, Erstautor des Artikels und wissenschaftlicher Koordinator des OSCM. „Wir sind davon überzeugt, dass die durch den Klimawandel hervorgerufenen Herausforderungen in Westafrika nur gemeinsam angegangen werden können. Dazu bedarf es langfristige Vorhaben, die eine gemeinschaftliche Nutzung von Forschungsinfrastrukturen und Wissen über Ländergrenzen hinweg ermöglichen.“
Ein solches Vorhaben stellt auch das vom ºÚÁÏÊÓÆµ koordinierte FUTURO Projekt dar, welches eine groß angelegte, internationale Forschungskampagne in Westafrika zusammen mit sieben westafrikanischen Ländern zum Ende dieses Jahrzehntes durchführen wird. „Neben einer einjährigen Schiffskampagne mit der neuen METEOR IV steht im Zentrum des Vorhabens die gemeinschaftliche Entwicklung sowie Durchführung der Kampagne in enger Zusammenarbeit mit westafrikanischen Partner:innen zu denen auch das weiter wachsende Netzwerk an Nachwuchswissenschaftler:innen beitragen wird“, so Prof. Dr. Arne Körtzinger, Chemischer Ozeanograph und wissenschaftlicher Koordinator des FUTURO Projekts.
Publikation:
Fiedler, B., Monteiro, I., Almeida, C., Zenk, C., Silva, P., Karstensen, J., Rodrigues, E., Vieira, N., Pinto-Almeida, A., Lima, E., Hahn, T., Koné, D., Rodrigues, Y., & Körtzinger, A. (2025). 20 Years of Partnership in Marine Sciences Between Cabo Verde and Germany: From Ideas, Opportunities, and Observations to Long-Term and Sustained Capacity Sharing. Oceanography, 38(1).

Fischerei spielt eine große Rolle für die Nahrungsversorgung auf den Kap Verden. Foto: Arne Körtzinger, ºÚÁÏÊÓÆµ

WASCAL-Studierende und ihre Betreuer:innen am ºÚÁÏÊÓÆµ im Juni 2025. Foto: Tobias Hahn, ºÚÁÏÊÓÆµ

Analyse von Feldproben im OSCM-Biogeochemielabor. Ivanice Monteiro trat der Partnerschaft während der Anfangsphase als Studentin bei. Sie ist jetzt für die OSCM-Labore zuständig und koordiniert das dort arbeitende Team. Foto: Björn Fiedler, ºÚÁÏÊÓÆµ

Studierende auf der POLARSTERN während der "schwimmenden Universität" 2023. Foto: Björn Fiedler, ºÚÁÏÊÓÆµ

Das OSCM dient mit seiner modernen Infrastruktur als multifunktionale Basis für Meeresforschung im tropischen Nordostatlantik und zum Wissenstransfer in Westafrika. Foto: Edson Silva Delgado