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Biodiversität an Seebergen
Unterwasserberge, sogenannten Seamounts, bieten Lebensraum für zahlreiche Organismen. An diesen Oasen der Ozeane bilden sich vielfältige Ökosysteme, die aber wissenschaftlich noch weitgehend unverstanden sind. Die Artenzusammensetzung an SeeÂbergen unterscheidet sich von MeeresÂgebiet zu Meeresgebiet deutlich. Die hier gezeigten Aufnahmen zeigen einige Organismen an Seamounts in der Clarion-Clipperton-Zone im Zentralpazifik.
Die große Artenvielfalt ist auf die besonderen ²Ñ±ð±ð°ù±ð²õ²õ³Ù°ùö³¾³Ü²Ô²µ±ð²Ô zurückzuführen: Zum einen werden Nährstoffe durch die kreisenden Strömungen am Seeberg gehalten, zum anderen wird nährstoffreiches Wasser durch die Strömungen an den Seebergen aus der Tiefe heraufbefördert, was zu verstärktem Planktonwachstum führt.
Seamounts - die Oasen der Ozeane
Seamounts, wörtlich übersetzt "Seeberge", sind Berge, die sich vom Meeresboden in ca. 3.000 bis 4.000 Meter Tiefe erheben, aber die Wasseroberfläche nicht erreichen. Würden sie an Land stehen und für unser Auge sichtbar sein, so wären sie eindrucksvolle Landschaftsgebilde.
Seamounts kommen in allen Ozeanen vor: Allein im subtropischen Wirbel des Ost-Atlantiks befinden sich mehr als zwanzig dieser unterseeischen Berge. Sie sind meistens vulkanischen Ursprungs. Seamounts sind mindestens 1.000 Meter hoch, haben ausgeprägte steile Hänge (bis zu 60 Grad) und eine relativ geringe Ausdehnung im Kuppenbereich.
Im Gegensatz zum umgebenden Ozean zeichnen sich Seamounts durch ein erhöhtes Vorkommen von Organismen aus. Sowohl im Wasser als auch auf dem Meeresboden sind in diesen Bereichen umfangreiche pelagische und benthische Lebensgemeinschaften anzutreffen. Wenn die Meeresberge mit ihrer Kuppe in die obere lichtdurchflutete Zone, die sogenannte "euphotische Zone" hineinreichen, können auch Pflanzen auf ihnen wachsen. Vor allem große Braunalgen, deren Ansammlungen fast als unterseeische "Kelpwälder" bezeichnet werden können, nutzen diesen Lebensraum.
Durch das oft große und vermehrte Vorkommen von Fischen, Tintenfischen und auch Seeschildkröten waren die Seamounts vor ihrer eigentlichen "wissenschaftlichen" Entdeckung den örtlichen Fischern oft schon bekannt. Sie hüteten deren Position, die die Basis ihres Fangerfolgs darstellt, jedoch oft wie ein Geheimnis.
Seamounts - die Grundlagen der Oasen
Bei den Landwüsten ist es das Vorkommen von Wasser, dem die Oasen ihren Ursprung und ihre Üppigkeit verdanken. Im Meer ist genug Wasser vorhanden, hier sind es die gelösten Nährstoffe und die Ansammlung von Nahrung (zum Beispiel Fische), die die Basis der Lebensgemeinschaften der Seamounts bilden.
Durch die vorherrschenden ²Ñ±ð±ð°ù±ð²õ²õ³Ù°ùö³¾³Ü²Ô²µ±ð²Ô sowie Ebbe und Flut können sich über den Seamounts stationäre Wirbel bilden, sogenannte "Taylor Kappen". In diesen Wirbeln wird Wasser mit einem erhöhten Nährstoffgehalt aus der Tiefe nach oben transportiert. Die Nährstoffe bilden die Grundlage für das Wachstum kleinster Pflanzen, dem Phytoplankton. Dies wiederum bildet die Nahrungsbasis für vielfältige Lebensgemeinschaften.
In diesen Wirbeln werden außerdem kleinere Tiere, wie zum Beispiel Fischlarven konzentriert, die normalerweise wegtreiben würden. Sie können hier gut überleben und sich weiterentwickeln.
Durch das beständige Heranführen von anorganischen und organischen Nährstoffen mit den vorherrschenden ²Ñ±ð±ð°ù±ð²õ²õ³Ù°ùö³¾³Ü²Ô²µ±ð²Ô kann sich eine große Lebensgemeinschaft auf der Oberfläche und im Substrat der Seamounts entwickeln, die von kleinen Bakterien bis zu großen Krebsen reichen kann.
Andere Organismen, vor allem vertikal wandernde Tiere des sogenannten "Zooplanktons", die nachts aus der Tiefe nach oben kommen, können auf Seamounts "stranden". Wenn sie nachts durch Strömungen über die Seamounts treiben, gelangen sie bei der Tagwanderung nach unten nicht mehr in größere Wassertiefen, sondern "landen" auf dem Seamount, wo sie gefressen werden können.
Seamounts - ihre Bedeutung für die Biologie der Ozeane
Die erhöhte Produktion und die vorhandene Biomasse an und auf Seamounts macht sie so zu den "Oasen der Ozeane" - mit weitreichenden Folgen für verschiedene biologische Prozesse:
- Seamounts sind für alle Organismen im Ozean mit ausgeprägtem Wanderverhalten (zum Beispiel Fische oder Schildkröten) ein relativ leicht wiederzufindender Treffpunkt, eine Art Leuchtturm, der unabhängig von seiner Produktivität im Lebenszyklus der Tiere wichtig sein kann, etwa für die Paarung und für die Fortpflanzung.
- Seamounts sind eine ideale "Kinderstube" für wandernde Tierarten, die hier nur einen Teil ihres Lebenszyklus zubringen. Ohne diese Kinderstube können diese Tierarten aber im Ozean nicht überleben.
- Seamounts dienen der Verbreitung von Organismen entlang von Seamount-Ketten, indem sie die Entfernungen zwischen geeigneten Lebensräumen erheblich verringern. Vor allem benthische Organismen (Pflanzen und Tiere), die auf und im Sediment leben, können sich so über den ganzen Ozean verbreiten. So wäre zum Beispiel ein Überqueren des warmen Äquators für Meeresalgen aus kälteren Gewässern ohne Seamounts nicht denkbar. Dies hat eine weitreichende Bedeutung für Biogeographie und Evolution vieler Organismen und Lebensgemeinschaften.
- Seamounts zeichnen sich darüber hinaus, bedingt durch ihre Abgeschiedenheit, durch sehr spezifische Ökosysteme mit einem hohen Grad an Endemismen und hoher Biodiversität aus. Das heißt hier ist ein großes genetisches Potential der unterschiedlichsten Arten konzentriert, die wiederum die Lebensräume an den Küsten besiedeln können.